Solidarität statt Holocaust-Verharmlosung!

Am 20.8.22 jährte sich zum 75. Mal die Urteilsverkündung gegen die Nazi-Ärzte im Sitzungssaal 600 des Nürnberger Justizpalastes. Eine Reihe von Gruppen aus der rechts-offenen Querdenker-Szene nahmen sich diesen Tag zum Anlass, die Covid-19-Impfkampagne mit dem unmenschlichen Vorgehen der Nazi-Ärzte gleichzusetzen und riefen überregional zu einer Kundgebung nach Nürnberg auf.

  • von  Rüdiger Löster
    26.08.2022
  • Beiträge, AK Gegen Rechts

Foto: Rüdiger Löster

Sie kamen von weit her: aus Baden-Württemberg, Thüringen, Hamburg, aber auch aus Österreich und der Schweiz: 3000 Anhänger*innen der rechtsoffenen Bewegung der Querdenkerszene versammelten sich am 20. August in Nürnberg. Geprägt war deren Veranstaltung von Relativierung der Shoa. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie wurden durchgängig auf Plakaten und in den Reden mit den brutalen und unmenschlichen Menschenversuchen der Naziärzte in den KZ gleichgesetzt. In einem Tweet von Endstation Rechts hieß es dazu: "Rednerin sprach von einem neuen Holocaust. Und zwar global. Statt Zyklon B würden Impfstoffe eingesetzt. Moderatorin lobt die Rede. Publikum tobt. Behörden sehen bisher tatenlos zu“.

Journalist*innen, insbesondere Fotograf*innen, wurden aggressiv angegangen, bezogen auf die Fotograf*innen meinte ein Redner auf der Bühne, es sei „Antifa“ auf dem Gelände und rief dazu auf, diese „zu Boden zu bringen“. Ein Fotograf schilderte die Situation als teilweise „lebensbedrohlich“.

Die Teilnehmer*innen phantasierten von einem Aufstand, auf einem Transparent war zu lesen „Liebe Soldaten, wir brauchen eure Hilfe“.

Dieser Versammlung von Holocaustrelativierern, Verschwörungsideologen und Impfgegner*innen stellten sich die etwa 500 Teilnehmer*innen einer von der Gewerkschaft Verdi organisierten Gegenkundgebung entgegen.

Roberto Paskowski vom Landesverband der Sinti und Roma schilderte eindringlich, wie die Nazis bei Menschenversuchen vorgingen. Auch Mitglieder seiner Familie wurden damals Opfer von medizinischen Quälereien und Zwangssterilisationen. Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, prangerte Vergleiche mit Menschen-Versuchen an KZ-Häftlingen an. Er las aus Protokollen der Prozesse gegen NS-Ärzte vor, bei denen sein Vater Arno Hamburger 1947 als Dolmetscher im Einsatz war. Der Arzt und frühere Klinikvorstand Alfred Estelmann meinte, es sei unerträglich, dass die "perversen Versuche" der Naziärzte von Querdenkern mit den Corona-Maßnahmen gleichgesetzt werden. Die ehemalige SPD-Europaabgeordnete Lilo Seibel-Emmerling rief dazu auf, "die Demokratie zu bewahren“.

Weitere Redner*innen waren u. a. der Arzt Hannes Wandt von der Organisation "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte für Frieden und soziale Verantwortung" (IPPNW), der frühere wissenschaftliche Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Reichsparteitage, Eckart Dietzfelbinger und Birgit Mair vom Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung e. V.